Einsiedlerhaus Rapperswil

Geschichte und Geschichten

Vorwort von Stefan Knobel
Mitte September 2012 wird das sogenannte Einsiedlerhaus - eines der ältesten Gebäude der Stadt Rapperswil - einem neuen Zweck zugeführt. Es wird nach der umfassenden Renovierung zum Haud der Musik - einem musikalischen Begegnungsraum für Alt und Jung. Damit wird dieses Haus zum ersten Mal in seiner 1000-jährigen Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Viele Menschen haben sich engagiert, um das Einsiedlerhaus zu einem musikalischen Treffpunkt  der Region zu machen. All diese Menschen haben etwas gemeinsam: Sie wurden vom Einsiedlerhaus in den Bann gezogen. Die Faszination dieser alten Mauern ist nicht nur von der einmaligen Lage direkt am See und der wunderbaren Aussicht geprägt.
Schon beim Betreten des Einsiedlerhauses wird man gewahr: Hier wurde nicht nur über Jahrhunderte Stoffe gewoben. Dieses Haus ist stiller Zeuge und Knotenpunkt im Netz der Geschichte der ganzen Region.

In diesem Buch hält der Historiker Philipp Zwyssig anhand von Fakten und wissenschaftlichen Belegen die Geschichte des Einsiedlerhauses und seiner unmittelbahren Umgebung fest. Zusätzlich kommen Menschen zu Wort, die Geschichten rund um das Einsiedlerhaus zu erzählen haben. Am Schluss erklärt Benno Weber, wie das Einsiedlerhaus zum Haus der Musik wurde.

Geschichte und Geschichten des Einsiedlerhauses - lassen auch Sie sich in den Bann ziehen.

 

Knobel S., Zwyssig P. & Weber B. (2012). Einsiedlerhaus Rapperswil. Geschichte und Geschichten.
     Siebnen: verlag lebensqualität, Siebnen. ISBN: 978-3-9523887-3-0

 

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Schweiz


Buchbesprechung

Rezession von Christian Schweizer, erschienen in: Helvetia Franciscana 41/2 (2012), S. 276-277

Der Herausgeber Stefan Knobel bietet eine spannende Publikation, die das Einsiedlerhaus in Rapperswil in neuem Licht zeigt. Geprägt ist das in allen Belangen sehr schön ausgestattete Buch von der wissenschaftlichen Handschrift des jungen Historikers Philipp Zwyssig aus Seelisberg, Doktorand und Assistent an der Universität Bern, in einem sehr sympathischen und einfachen Erzählstil. Er vermittelt sein innert kürzester Zeit reich angesammeltes Wissen nicht isoliert, sondern verknüpft mit Stadt und Kapuzinerkloster Rapperswil.

Das so genannte „Einsiedlerhaus“ in Rapperswil direkt am Zürichsee als zuerst frühgeschichtlicher Zeuge des Wirtschafts- und Verwaltungsgeflechts der Abtei Einsiedeln des Mittelalters hat in der Zeit nach der Reformation bis in die Gegenwart seinen Platz in der Geschichte des 1603/1604 errichteten Kapuzinerklosters Rapperswil, gebaut am Endingerhorn, das teils der Stadt, teils der Abtei Einsiedeln gehörte; und eben mit dem Endingerhorn ist das „Einsiedlerhaus“ im Mittelpunkt der hier vorliegenden Publikation. In diesem Haus war das Wollenwerk der Kapuziner ab 1669 untergebracht. Ursache zur Publikation waren die grundbuchamtlichen Änderungen dieses Hauses. Seit 1. Januar 2012 besitzt die Stadt Rapperswil-Jona das Einsiedlerhaus mit Baurecht. „In Zukunft wird es von dem Verein ‚proMusicante‘ als Hort der musischen Kreativität genutzt, die den jahrhundertealten Gemäuern neues Leben einhauen soll. Es ist dies eine weitere Etappe in der wechselvollen Geschichte des Einsiedlerhauses, das im Verlaufe der Jahrhunderte als Warenlager und Wohnhaus ebenso wie als Befestigungsbau und Wollweberei genutzt wurde“ (63). Vorbei wären eigentliche nun an auch die Zeiten, als Kapuziner während über 340 Jahren dem Kloster Einsiedeln jeweils den symbolischen Pachtzins (im 20./21. Jahrhundert von einem Franken) pro Jahr für Haus und Garten an Martini-Tag (11. November) entrichteten. Diese vormalige Situation des Gebens und Nehmens funktionierte in der Neuzeit, weil Herausgeforderte Eigentumsverhältnisse des Einsiedlerhauses im 19. und 20. Jahrhundert (62-63) gegenüber dem Kapuzinerkloster 1869 im Zusammenhang mit der projektierten Neugestaltung des Seezugangs neue Regelungen und Abmachungen 1905, 1906 und 1908 auf Basis alter Besitzrechte des Klosters Einsiedeln bewirkten. Auch wenn die Geschichte der Wollweberei der Kapuziner im Einsiedlerhaus in Rapperswil, einer der drei Wollwebereien der Schweizer Kapuzinerprovinz (Rapperswil, Thann, Bremgarten), personell 1971 mit dem Tod des letzten Weberbruders in Rapperswil, Bruder Christian Enders, zu Ende gegangen war, die Besitzverhältnisse Einsiedelns gegenüber den Kapuzinern mitsamt der auch im Eigentum befindlichen Totenkapelle im Kapuzinerkloster blieben bis Ende 2011 gleich. Und seit 1972 bekommen die Kapuziner, als die Stadt das kleine Landstück neben dem Einsiedlerhaus per Pacht erhielt und als öffentlichen Rosengarten einrichteten, für den Verlust der Erträge aus dem ehemaligen Obstgarten einen jährlichen in 150 Äpfeln ausbezahlten Obulus. Diese komplizierte Situation, die öfters für Verstimmungen zwischen Einsiedeln und Rapperswil und worin die Kapuziner wie im Clinch sich befanden, hat Philipp Zwyssig sehr gut zusammengefasst.

Philipp Zwyssig hat sich mit dieser Publikation um eine sehr anschauliche Darstellung der Geschichte des Wollenwerks der Kapuziner in Rapperswil verdient gemacht. Alles ist gut nachvollziehbar in mehreren Kapiteln beschrieben: „Wollenwerk der Kapuziner 1669-1718“ (33.42), das mit Erlaubnis des Klosters Einsiedeln im Einsiedlerhaus eingerichtet wurde. Zur Sprache kommen das Armutsideal der Kapuziner und das Wollgeschäft der Zuger Kaufmannsfamilie Müller, die Kritik an der Qualität der Arbeit der Weberbrüder, die rechtlichen Konflikte um den Einsiedler Besitz in Rapperswil; „Das Wollenwerk unter städtischer Aufsicht 1718-1790“ (43-52): das Begehren der Stadt Rapperswil zur Übernahme des Wollenwerks, die Übernahme des Wollenwerks durch die städtische Obrigkeit in Zeiten politischer Umbrüche, die alltägliche Arbeit der Weberbrüder mit den damit verbundenen Sonderregelungen und Privilegien innerhalb des Konventlebens, das städtische Wollenwerk in der Krise; „Die Wollenweberei der Kapuziner im Zeitalter der Industrialisierung ab 1790“ (53-64): das Wollenwerk in revolutionärer Zeit, die Mechanisierung des Werbereibetriebes im Einsiedlerhaus, auf der Suche nach neuen Wolllieferanten, Auslagerung und Professionalisierung des Wollgeschäfts. All die Kapitel zeigen dank weiterer Heranziehungen der Quellen über Kapuzinerprovinz und Einsiedeln hinausgehend eine bisher sonst wenig zur Kenntnis genommene Gewerbe- und Wirtschaftsgeschichte der Schweizer Kapuzinerprovinz und insbesondere des Klosters Rapperswil. Zusätzlich bietet die Publikation weitere Perspektiven an, zu der der Verfasser ebenfalls minutiös beiträgt: zum ersten die Frühgeschichte der Wirtschaft und Verwaltung des Klosters Einsiedeln am Beispiel vom Haus am Endingerhorn in der Zeit vor und bis zur Reformation (11-20); zum zweiten gewissermaßen Militär- und Stadtgeschichte Rapperswil: „Das Einsiedlerhaus als Teil der Rapperswiler Stadtbefestigung“ (21-32) unter dem späteren Einbezug des Kapuzinerklosters und der an der Spitze des Endingerhorns 1662 erbauten Befestigungsanlage beim Kapuzinergarten quasi wie katholisches Bollwerk im Kontrast zur Zwingli-Metropole Zürich. Militärhistoriker kommen dank historischer Bilder und instruierender Texte auf ihre Kosten und machen neue Entdeckungen.

Die ganze Publikation besticht zusätzlich in ihrer reichen Illustration farbig und schwarzweiß überliefert, vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Aus verschiedenen Perspektiven und Zeitaltern sind das Kapuzinerkloster und das Einsiedlerhaus zu bewundern. Ikono-didaktisch werden die Leser auf die verschiedenen Themenkapitel eingestimmt. Historische Schwarzweißbilder aus dem Provinzarchiv Schweizer Kapuziner Luzern tragen zur Veranschaulichung der Arbeit der Weberbrüder in der Wollenweberei bei: Bruder Ägidius Kündig (1858-1932) als Webermeister 1890-1929 im Kapuzinergarten vor dem 1669 ausgebrochenen Eingang zum Einsiedlerhaus (36), Bruder Christian Enders (1909-1971) als der letzte Weberbruder im Einsiedlerhaus 1942-1971 (48), die Weberbrüder Ägidius Kündig und Albin Kaiser (Webergehilfe 1895-1902) bei der Arbeit im Einsiedlerhaus (60), ebenso Bruder Cosmas Baumgartner als Webermeister 1935-1942 mit Webutensilien in der Hand (61).

Philipp Zwyssig stellt im sechsten Kapitel die Frage: „Die Geschichte des Einsiedlerhauses – eine Geschichte Rapperswils?“ (65-67). Wer die Abhandlungen liest, auch jene Kapitel eingestreuten „Geschichten über das Einsiedlerhaus“ (69-73) mit Kurzbeiträgen von Rapperswilern, die aufgrund ihres Wirkens mit dem Einsiedlerhaus Beziehungen haben wie Paul Heeb (Grundbuchverwalter, Zivilstandsbeamter, Präsident der Ortsgemeinde), Chrigel Bosshard (Musiker, 14 Jahre im Einsiedlerhaus gearbeitet) und Markus Thurnherr (Archivar Rapperswil-Jona), findet dann die Antwort. Nimm und lies.